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Rafaela Weinz (Oktober 2004):

Manipulieren die Massenmedien? Eine Analyse am Beispiel des Hörspiels The War of the Worlds von Orson Welles (1938)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Niklas Luhmanns Realitiät der Massenmedien

2.1 Kommunikation und Medium

2.2 Das System der Massenmedien

2.3 Realität der Massenmedien

2.4 Programmbereich der Massenmedien: Nachrichten und Unterhaltung

2.4.1 Unterhaltung

2.4.2 Nachrichten

3 Orson Welles‘ The War of the Worlds

3.1 Radio in den 30er Jahren

3.2 Analyse des Hörspiels The War of the Worlds

3.2.1 Lokaler Bezug

3.2.2 Neuigkeit – die besondere Wirkung des Bulletins

3.2.3 Das Interesse an Personen

3.2.4 Nachrichten und Bekanntes

3.2.5 Zahlen und Fakten

3.2.6 Akusmatische Mittel

3.3 Begünstigender Faktor

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“ ([Luhmann, 1995], S. 9) Mit diesem Satz beginnt Niklas Luhmann seinen ausgearbeiteten Vortrag „Die Realität der Massenmedien“ in welchem er die Frage behandelt, was Realität ist und wie die Massenmedien diese darstellen. Er grenzt sich dabei von der Behauptung ab, die Massenmedien würden die Realität manipulieren und der Gesellschaft ein bewusst falsches Bild der Welt präsentieren.
Wenn man sich aber die Geschichte der Massenmedien anschaut, so fällt besonders ein Medienereignis auf, welches eine völlig unbegründete Panik bei den Zuhörern ausgelöst hatte - das Radiohörspiel The War of the Worlds von Orson Welles:

Am 30. Oktober 1938 wurde vom Columbia Broadcasting System (im weiteren CBS genannt) das von Orson Welles und dem Mercury Theater on the Air live produzierte Hörspiel The War of the Worlds nach der gleichnamigen Novelle von H. G. Wells ausgestrahlt. Die Reaktion der Zuhörer war eine Massenhysterie, die Tausende von Menschen auf die Straße trieb:

A wave of mass hysteria seized thousands of radio listeners between 8:15 and 9:30 o'clock last night, when a broadcast [...] led thousands to believe that an interplanetary conflict had started with invading Martians spreading wide death and destruction in New Jersey and New York. ([The New York Times, 31. Oktober 1938], S. 1)

Obwohl das Hörspiel in der Zeitung angekündigt worden war und auch der Sender CBS selbst auf das Hörspiel verwiesen hatte, glaubten die Hörer, das wie eine Nachrichtensendung inszenierte Hörspiel berichte von einer tatsächlichen Landung der Marsmenschen in der Nähe von New Jersey, die den Erdbevölkerung den Krieg erklären würden. Schon eine Viertelstunde nach Beginn der Übertragung brach eine Massenhysterie aus, die Leute hingen nasse Tücher an die Fenster, um sich vor dem Gas, welches angeblich ausgetreten war, zu schützen; andere riefen in ihrer Verzweiflung bei der Polizei an, um zu fragen, was zu tun sei, wie man sich schützen könne. Wieder andere benachrichtigten ihre Verwandten, welches zu einer Überlastung der Telefonzentralen führte, die dem Ansturm von Telefonanfragen nicht mehr nachkommen konnten, was wiederum die Hysterie noch verstärkte.
Die Polizeistationen versuchten, die Menschen zu informieren, wie im folgenden ein Text von der New Jersey State Police: „Note to all receivers – WABC broadcast as drama re [sic!] this section being attacked by residents of Mars. Imaginary affair.“ ([The New York Times, 31. Oktober 1938], S. 4) Erreichen konnten sie aber nicht viel.
Zeitungen wurden von The Associated Press angeschrieben, um Falschmeldungen zu verhindern: „Note to Editors: Queries to newspapers from radio listeners throughout the United States tonight, regarding a reported meteor fall which killed a number of New Jerseyites, are the result of a studio dramatization. The A. P.“ ([The New York Times, 31. Oktober 1938], S. 4)
Die Menschen in New Jersey und New York liefen auf die Straßen und suchten nach Anzeichen am Himmel, die zeigen würden, ob ein Meteor die Erde getroffen haben könnte. Ein Mann aus New Jersey rief beim Bronx Police Headquarter an und antwortete auf die Frage, woher er wisse, dass New Jersey bombardiert würde, Folgendes: „I heard it on the radio, [...]. Then I went to the roof and I could see the smoke from the bombs, drifting over toward New York.[...]“ ([The New York Times, 31. Oktober 1938], S. 4)
Das Hörspiel hatte die Menschen so weit gebracht, dass sie etwas sahen, was gar nicht existierte! Wie konnte es soweit kommen, dass ein Radiohörspiel die Menschen in solche Panik versetzt? Was war der Grund für diese extreme Zuhörerreaktion? Können Massenmedien und insbesondere das Radio manipulieren?

In dieser Arbeit möchte ich den Manipulationsverdacht, der durch das Hörspiel damals hervor gerufen wurde und bis heute immer noch besteht, mit Hilfe der systemtheoretischen Argumentation Luhmanns entkräften und eine Erklärung für das Verhalten der Zuhörer versuchen. Zunächst werde ich dafür Niklas Luhmanns Systemtheorie in Hinblick auf Massenmedien und ihre Programme beschreiben und im Weiteren das Hörspiel auf Grundlage der systemtheoretischen Überlegungen untersuchen.
Bei der Analyse des Hörspiels werde ich mich auf die ersten 40 Minuten beschränken, da das für diese Arbeit Entscheidende in diesem Zeitrahmen zu finden ist.



Der gesamte Text steht hier als PDF zum Download zur Verfügung.

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