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Individualisierung, Pluralität von Lebenslagen und Lebensformen in Ehe und Familie

Eine Anfrage und Herausforderung für Kirche, Theologie und Pastoral

-   Kirchlich theologische Grundeinstellung:

Für die Bewertung der Chancen und Risiken der Ausdifferenzierung der verschiedenen Lebensgestalten von Ehe und Familie gilt, was Lumen gentium in seinem Einleitungssatz sinngemäß so formuliert hat: Die Nöte, Ängste, Sorgen und Hoffnungen der Menschen heute sind auch die Sorgen, Fragen und Hoffnungen der Christen und der Kirche.

-   Theologischer Ansatz:

Gnade baut auf der Natur auf. Die Natur des Menschen ist immer auch seine gesellschaftliche Natur; zur menschlichen Natur gehören die gesellschaftlichen Kräfte und Prozesse, in denen die Menschen stehen. Dazu gehört auch die gesellschaftlich geprägte konkrete Lebenslage der Menschen, welche ihr Leben in Ehe und Familie mitbestimmt. Darum gehört zum kritisch-konstruktiven Umgang mit der heutigen Wirklichkeit der Menschen die Frage, wie in diesen Prozessen und Lebenslagen ein Ort der Gnade gesehen werden kann.

Wenn Theologie und Kirche die gegenwärtigen Realitäten in Licht und Schatten (Familiaris consortio) als gegeben respektiert, wird sie fähig zu einem kritisch -konstruktiven Umgang mit den Phänomenen der Moderne.

-   Kritisch- konstruktiver Umgang mit der Ideologie der Moderne:

Die Ideologie&xnbsp; der Moderne im Bezug auf persönliche&xnbsp;Lebensgestaltung&xnbsp;lautet:&xnbsp;Alles&xnbsp; ist machbar, planbar, wählbar, revidierbar. Das Leben des Menschen besteht gewissermaßen in der Ausweitung seiner biographischen&xnbsp; Optionen&xnbsp; und Wahlmöglichkeiten.&xnbsp;Im&xnbsp; Rahmen eines ideologischen Umgangs mit diesem Phänomen wird die&xnbsp;Wahlbiographie als Norm zu einem ideologischen Konstrukt:

Jeder&xnbsp;Mensch&xnbsp;soll auf&xnbsp;die&xnbsp;dem Markt der Möglichkeiten&xnbsp;gebotenen&xnbsp;biographischen Versatzstücke&xnbsp;zu&xnbsp;seiner Individualbiographie "zusammenbasteln".
Diese&xnbsp;Marktsituation schenkt nicht nur neue Freiheiten,&xnbsp;sondern&xnbsp;sie hat&xnbsp;auch&xnbsp;spezifische&xnbsp;Kosten:&xnbsp;allzu&xnbsp;große Komplexität, Unübersichtlichkeit, Unsicherheit. Die Freiheit&xnbsp;wird&xnbsp;zu&xnbsp;einem Muss, das Menschen in vielfacher Weise herausfordert und nicht selten überfordert.

-   Die Marktsituation hat auch Opfer:

Die Individualisierungschance gilt nicht für alle in gleicher Weise. Der Markt schafft auch Benachteiligungen und Benachteiligte ("Arme"). Zu diesen Benachteiligten gehören diejenigen, die nicht so mobil sind, um an alle Möglichkeiten "heranzukommen". Benachteiligt sind auch diejenigen, die nicht genügend Ressourcen besitzen ( materielle, physische und psychische Kräfte), um die Vielfalt des Angebots zu nutzen.

-   Zu diesen Benachteiligten gehören gerade die Familien, die ja durch ihre Lebenssituation auf vielfältige Weise gebunden sind. In seinem Artikel "Pluralisierung und Polarisierung der Lebensformen in Deutschland" (s. Materialsendung)weist Klaus Peter Strohmeier nach, dass die Chance der Erweiterung der biographischen Möglichkeiten des Individuums für solche Menschen, die Familie, d. h. Bindung an Kinder wählen, nur begrenzt gilt und dass die viel genannte Vielfalt der Lebensformen eher für die Menschen zutrifft, die auf Kinder (Familie) verzichten.

-   Auf die problematische Seite der Individualisierungsideologie weist auch der Sozialwissenschaftler Klaus Wahl hin, dessen Thesen der 5. Familienbericht (1994) wie folgt zusammenfasst:" Er bezeichnet als Mythos der Moderne das Gesellschafts- und Weltbild des Fortschritts, die Verheißungen des selbstbewussten, autonomen Individuums und der liebesbegründeten Familie. Diese gesellschaftlich anerkannten Ziele konfrontiert er mit der realen gesellschaftlichen Modernisierung, um damit aufzuzeigen, welche Konsequenzen das Ergebnis dieser Konfrontation für die individuelle und familiale Lebensmöglichkeit hat. Mangelnde Anerkennung, berufliche Misserfolge, nicht geglückte Aufstiegshoffnungen könnten die Selbstachtung der Massen derart beeinträchtigen, dass sich die Aggression gegen die eigene Person richtet, in psychosomatischen Reaktionen, Depressionen oder suizidalen Impulsen, aber auch im sogenannten stummen Leid". Klaus Wahl weist nach, dass diese Situation der nicht erfüllten Verheißungen der Moderne einer der Auslöser von familialer Gewalt ist.

-   Der Verheißung, dass alles möglich ist, entspricht der Anspruch, dass jeder für alles selbst verantwortlich ist und somit alles selbst leisten muss. Dieser neuzeitliche "Gotteskomplex" (Horst Eberhard Richter) findet im Blick auf Ehe und Familie auch seinen Ausdruck in der quasi religiösen Überhöhung von Partnerschaft und Liebe, in der Liebe als "Nach- Religion" (Ulrich Beck). Menschen suchen den letzten und tiefsten Sinn ihres Lebens, letztes Glück und Lebenserfüllung, ihr Ein-und-Alles in der Liebesbeziehung. Durch diese Überhöhung von Partnerschaft als "letzte Wirklichkeit", als selber zu gestaltender Himmel auf Erden, wird die Partnerschaft selbst korrumpiert, weil systemisch gesprochen, die (letzte) Sinnfrage nicht im System der kleinen Lebenswelt zu lösen ist, sondern in den Bereich des Religiösen, der Gottesfrage und der Gottesbeziehung gehört. Gerade hier ist die heilende und erlösende Botschaft des Evangeliums notwendig, dass wir Menschen einander das Heil nicht zu geben brauchen, dass wir nicht alles in Partnerschaft und Liebe finden und suchen müssen. Gott, als letzter Urgrund meines Lebens, ist derjenige, der mich vom Allmachtswahn und Glückswahn erlöst und mir so die Freiheit gibt, versöhnt und vielleicht sogar mit Humor mit der Begrenztheit menschlicher Beziehungen umzugehen, und der uns hilft, das Glück des Fragments zu würdigen und zu genießen. Die in der Gottesbeziehung geschenkte Relativierung der Endlichkeit löst die Überforderung auf und setzt gerade so Kräfte frei, in der Begrenzung zu tun, was möglich ist. Bei diesem Abschied vom kindlichen Allmachtswahn kann die christlich-kirchliche Erfahrung wieder zum Tragen kommen, dass der Christ nicht nur im Blick auf Gott, sondern auch im Blick auf die Gemeinschaft der Christen sich helfen lassen darf; dass es keine Kränkung seiner Autonomie ist, Hilfe, Solidarität und Zuwendung in Anspruch zu nehmen, sondern das Verwiesen- und Angewiesensein letzter Ausdruck von dem ist, was Christen meinen, wenn sie sagen, dass jeder Mensch Abbild des Dreifaltigen Gottes ist, der ja in sich absolute Bezogenheit und Verwiesenheit ist. Die Begrenztheit wird gerade so zum Ort der Verwiesenheit als Geschenk von Gemeinschaft.

-   Zu den Widersprüchen des Individualisierungsprozesses gehört auch folgende Einsicht von Ulrich Beck:

&xnbsp;"Der Einzelne wird zwar aus traditionalen Bindungen und Versorgungsbezügen herausgelöst, tauscht dafür aber die Zwänge des Arbeitsmarktes und der Konsumexistenz und der in ihnen enthaltenen Standardisierungen und Kontrollen ein... So wird gerade die individualisierte Privatexistenz immer nachdrücklicher und offensichtlicher von Verhältnissen und Bedingungen abhängig, die sich ihrem Zugriff vollständig entziehen ...Die Individualisierung greift also gerade unter gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die eine individuelle verselbständigte Existenzführung weniger denn je zulassen. Ständisch geprägte klassenkulturelle oder familiale Lebenslaufrhythmen werden überlagert oder ersetzt durch institutionelle Lebenslaufmuster " (Ulrich Beck, Risikogesellschaft, 211).

Christliche Theologie muss auf der Basis ihrer Grundüberzeugung, dass jeder Mensch als Ebenbild Gottes einmalig und unverwechselbar ist und das Recht hat, als er selbst gesehen zu werden, diese neue "Standardisierung" der Individualität kritisieren. Dabei kann sie darauf hinweisen, dass diese Kritik nicht aus Angst vor Individualisierung geschieht, sondern im Gegenteil die Individualisierungsdebatte produktiv und kreativ radikalisiert, indem sie in ihrer Kritik wieder auf die ursprünglichen Wurzeln dieses Individualisierungsprozesses verweist, nämlich die befreiende Botschaft, dass jeder Mensch vor Gott einmalig und unverwechselbar ist und das Recht hat, in seiner individuellen Würde gesehen zu werden. Die christliche Kritik am Individualisierungsprozess macht sich also stark für das, was die eigentliche Grundlage des Individualisierungsprozesses ist, sich aber gerade in der "Generalisierung" dieses Prozesses aufzulösen scheint: nämlich das Individuum in seiner personalen Würde und konkreten Einmaligkeit.

-   Diese Unverwechselbarkeit des Einzelnen ist nicht nur eine Option christlicher Theologie, sondern ist gewissermaßen Grundoption christlichen Lebens: Kirche und Gemeinde wollen und sollen der Raum sein, in dem jeder Mensch seine Unverwechselbarkeit in seinem Reichtum und seiner Begrenztheit zur Sprache bringen kann, wo er im Miteinander der Christen erfährt, dass er Ansehen hat, und sich sehen lassen kann, weil er von Gott angesehen wird. Gerade die Diskussion über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen unter dem Aspekt der Glaubwürdigkeit von Kirche zeigt, wie sehr die Menschen und die Christen in unserer Gesellschaft erwarten, dass in der Art, wie Kirche mit den wiederverheirateten Geschiedenen umgeht, der Einzelne in seiner unverwechselbaren Lebens- und Liebesgeschichte, und in seiner konkreten Situation gewürdigt wird. Die Würde des Individuums besteht geradezu darin, in der Einmaligkeit seiner Begrenzung und Geschichte gesehen zu werden . Das An-Sehen in der Gemeinde hebt die Unsichtbarkeit der standardisierten Individualität auf und gibt jedem sein Gesicht.

-   Die Ideologie der unbegrenzten Wahlmöglichkeiten verleugnet die Realität von Gebundenheit und Vorgegebenheit, leugnet, dass Bindung und das heißt Begrenzung der Optionen zum Leben des Menschen dazugehört. Die Eingrenzung der Wahlmöglichkeiten durch verbindliche Entscheidung und Bindung ist geradezu eine Anerkenntnis der Endlichkeit des Menschen. Viele Ehepsychologen und Familientherapeuten weisen uns darauf hin, dass die Entschiedenheit in der Verbindlichkeit einer Entscheidung (z.B. zu heiraten) eine wesentliche Stufe in der Entwicklung einer Partnerschaft ist, dass sich gewissermaßen durch die Begrenzung nach außen, die Möglichkeit der Liebe nach innen erweitert, indem zum Beispiel ein Paar sich jetzt im Rahmen dieser Entscheidung fähig fühlt, ein Kind zu bekommen. Entscheidung und Verbindlichkeit müssen nicht in die Enge führen, sondern sind im Gegenteil oft Voraussetzung dafür, dass unverwechselbare Lebensgestalten wachsen können.

&xnbsp;Die Option der unbegrenzten Wahl verleugnet auch - wie uns die Familientherapie zeigt - aus welchen Loyalitätsbindungen wir alle kommen, wie sehr uns solche Loyalitäten wichtig sind, wie sehr sie unsere Lebensentscheidungen, z. B. Partnerwahl, beeinflussen und wie tief die Sehnsucht von Menschen ist, beieinander beheimatet zu sein und einen Ort zu haben, wo sie hingehören. Die Familientherapeutin Rosemarie Welter-Enderlin weist uns darauf hin, dass alle Gestaltungsprozesse in Partnerschaften, in Ehe und Familie, heute letztlich darum kreisen, die beiden Pole, Flügel zu haben, d.h. sich in die Weite der Freiheit zu entfalten und zu wachsen, und Wurzeln zu haben, d.h. sich zu gründen und im Vertrauten zu beheimaten, in eine gute Spannung und Balance zu bringen.

-   Im Blick auf die Realität der Individualisierungsprozesse und der faktisch vorhandenen Wahlzwänge sollten Theologie und Kirche positiv würdigen, dass durch die Komplexität der Lebenslagen viele Revisionen von Lebensentscheidungen und Lebenssituationen durch äußere Umstände geboten sind und nicht allein eine Sache der Wahl sind. Durch die Ausdifferenzierung der Gesellschaft in die verschiedenen, relativ autonomen Teilsysteme müssen Ehepaare und Familien (als schwächstes System) ihr Leben um die Anforderungen der anderen Systeme herum jeweils individuell organisieren. Diese erzwungenen tagtäglichen und alltäglichen Aushandlungsprozesse sind tagtägliche Wahlprozesse, die Ehepaaren und Familien von außen auferlegt sind. Dass solche komplexen Revisions- und Aushandlungsprozesse auch zu Problemen führen und scheitern können, müssten Gesellschaft und Kirche deutlicher sehen und würdigen. Gerade die Kirche, aber nicht nur sie, neigt dazu, individuell (als Versagen) zuzuschreiben, was strukturell bedingt ist. Im Kontext einer christlichen Option für Barmherzigkeit wäre es ein wichtiger Dienst der Kirche an den Menschen - und sie hat doch im Umgehen mit Begrenztheit und Scheitern eine reiche pastorale und geistliche Erfahrung -, wenn sie nicht durch moralische Schuldzuschreibung im Blick auf die scheinbare "Bindungsunfähigkeit" und "Bequemlichkeit" ohnehin vorhandene Gefühle des Ungenügens und der Schuld verstärkt, sondern wenn sie, die "Beanspruchung" der Betroffenen anerkennend und die Komplexität ihrer Situation würdigend, helfende, heilende und unterstützende Zuwendung schenkt im ermutigenden und im solidarischen Mittragen. Sie hilft den Menschen leben, wenn sie im Geist Jesu und seines Vaters, der den glimmenden Docht nicht auslöscht, auf negative Zuschreibungen und damit Festlegungen verzichtet und vielmehr im Blick auf die christliche Hoffnung die Ressourcen der jeweiligen Situation, die Entwicklungschancen, die in den Krisen und Problemen auch liegen, entdecken hilft.

-   Im Kontext unserer gesellschaftlichen Situation ist die kleine Lebenswelt Ehe und Familie kein "Stand" mehr, sondern entsteht in einem lebenslangen Lern- und Gestaltungsprozess, in "Versuch und Irrtum". Diese Realität hat das II. Vat. Konzil ausdrücklich gegen alle statischen Fixierungen der traditionellen Ehelehre herausgestellt, indem es Ehe als lebendigen Prozess beschreibt, als ein Einander -Schenken von Personen, die ihre Ganzhingabe in der Geschichte und der Dynamik ihres Miteinander-Lebens ausbuchstabieren. In diesem Kontext kann es nicht mehr Aufgabe von christlicher Theologie und Verkündigung sein, durch strukturelle Festlegungen die Gestalt der christlichen Familie festzuschreiben, sondern sie müsste gewissermaßen oberhalb der Ebene struktureller Bestimmungen ethische Prinzipien benennen, die dem Weg- und Prozesscharakter von Ehe und Familie entsprechen. Der Prozess Ehe und Familie braucht eine Weg-Ethik. Hier kann die christliche Theologie auf den Schatz ihrer Ursprungsgeschichten zurückgreifen, die davon erzählen, dass Gott die wechselvolle Geschichte seines Volkes begleitet hat und dass er sich in den unterschiedlichsten Situationen als der erwiesen hat, der für sein Volk da ist. Auf dem Hintergrund dieser biblischen Weggeschichten darf auch die Suche der heutigen Menschen nach neuen Möglichkeiten, in Ehe und Familie zu leben, nach individuellen Gestalten des guten Miteinander-Lebens nicht negativ konnotiert werden, sondern darf und muss (auch) als ein Phänomen verstanden werden, in dem der Gott des Weges und des Exodus präsent ist. Diese Weg-Ethik hat die Christenheit in ihrer reichen Erfahrung geistlicher Begleitung (vgl. die Mystiker) schon längst konkret umgesetzt; hier fänden wir für die kirchliche Pastoral eine Reihe von Hinweisen, wie Seelsorge auch mit Phänomenen von Stehenbleiben, Zurückgehen, Scheitern und Abbrechen umgehen könnte und wie Christen auch in diesen Prozessen, und nicht nur in den Prozessen des Glückens, den Gott erahnen können, der mitgeht, der alles trägt und der gerade das Gebrochene aufnimmt in eine letzte Vollendung.

-   Die Vielfalt der familialen Lebensformen bedeutet auch, dass Leben in Ehe und Familie im Durchgang durch verschiedene Lebensgestalten geschehen kann. Die damit gegebene Relativität der jeweiligen sozialen Gestalt von Familie könnte christliche Theologie, ohne die Vision Jesu von der verbindlichen Liebe von Mann und Frau in der Ehe aufzugeben, konstruktiv aufgreifen, indem sie diese Situation in Verbindung bringt mit dem Lebenswissen des Glaubens, dass jede Lebensform und Lebensgestalt vorläufig und nicht das "Letzte" ist. Diese christliche Relativierung jeder endlichen Lebensgestalt im Blick auf die Vollendung des Reiches Gottes und das endgültige Leben in Gott gäbe uns Christen und Seelsorgern und auch den betroffenen Menschen selbst noch einmal eine neue Freiheit, lebensfreundlich mit den jeweiligen Fragmenten des Lebens umzugehen, Abbruche und Scheitern anzunehmen und neue Anfänge zu wagen. Das Wagnis verbindlichen Lebens wird den Menschen von heute vor allem dann möglich sein, wenn sie wissen dürfen, dass sie auch in ihrem Scheitern und Zerbrechen nicht ins Bodenlose fallen, sondern in Solidarität aufgefangen und mitgetragen werden.

Zur Begrenztheit unseres Menschseins gehört, dass wir uns entscheiden müssen, dass wir uns festlegen in konkretem Handeln. Darin liegt auch die Bereitschaft zum Wagnis,

Fehler zu machen und Schuld auf sich zu laden. Wer nicht entscheidet, macht auch keine Fehler; wer sich nicht bindet, kann auch in der Bindung nicht scheitern. Wer im Blick auf die Vielfalt der Optionen und die Komplexität des Lebens entscheidet, in einer Partnerschaft oder einer Familie zu leben, geht heute in einem größeren Maße das Wagnis ein, zu scheitern, seine Entscheidung revidieren und neu anfangen zu müssen. Dies gelingt im letzten nur aus einem tiefen Ja zum Leben, und Christen lassen sich dieses Ja schenken in der Kraft von Glaube und Hoffnung, die sich aus Tod und Auferstehung Jesu speist und die beides kennt und aushalten muss: Tod und Auferstehung.

Hans-Jakob Weinz in Zusammenarbeit mit Dr. Elisabeth Mackscheidt November 1994

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